Sozialabbau ist nicht alternativlos!

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Sind deutlich länger Arbeiten und deutlich geringere Renten wirklich die Einzige Lösung?
Deutschlands Sozialsystem steuert auf seinen Zusammenbruch zu. 
So ist es bei Ökonomen und Politikern, sprich im Establishment, allgemein anerkannt, so steht es heute sogar in Schulbüchern. 
Der Grund dafür ist einfach: Durch den demographischen Wandel werden immer mehr, bisher arbeitende und daher in die Sozialkassen einzahlende, Menschen aus dem arbeitsfähigen Alter heraus ins Rentenalter kommen. Gleichzeitig kommen nicht annähernd so viele Junge nach, die diesen Verlust ausgleichen könnten. Das Verhältnis zwischen der Anzahl von solchen, die in die Sozialkassen einzahlen, und der Anzahl von denen, die von ihnen Abhängig sind, ist aus dem Gleichgewicht geraten. Wie soll denn mit dem Geld von immer weniger arbeitenden Menschen das Leben von immer mehr Menschen bezahlt werden, die auf Grund ihres Alters, einer Krankheit, eines Unfalls oder weil sie einfach keine Arbeit finden nicht selbst arbeiten können, ja im schlimmsten Fall sogar noch gepflegt werden müssen. 
Es ist doch klar, dass man sich unter solchen Umständen den Kerngedanken der deutschen Sozialstaatlichkeit, nämlich dass derjenige, der aus verständlichen Gründen im kapitalistischen Konkurrenzkampf nicht bestehen kann, von der Gemeinschaft aufgefangen wird, nicht mehr lange in derartigem Ausmaß wie heute leisten kann.  
Um wenigsten einen Teil des Sozialsystem zu retten, muss nun der andere Teil durch rabiaten Sozialabbau beseitigt werden. Das heißt Sozialleistungen runter, die Schwellen, ab denen sie vergeben werden hoch. Dann müssen eben die Bürger mehr auf private Vorsorge setzen. Das es in Deutschland nicht gerade wenige Menschen gibt, die auch während sie Vollzeit arbeiten, gerade so ihr Überleben finanzieren können und geschweige denn eine private Vorsorge, die also in diesem neuen System in einer doppelten Zwickmühle wären, ist zwar traurig, aber naja. 
Und auch wenn sich die Politik von heute sich aus opportunistischen Gründen davor drückt, diesen Sozialabbau, den sie mit der Agenda 2010 begonnen hat, auch in anderen Bereichen der Sozialversicherungen umzusetzen, ist man sich doch einig, dass er früher oder später aus finanziellen Gründen kommen muss. 

Aber Sekunde, ist diese Argumentation wirklich so logisch wie sie scheint? Wenn man sich das deutsche Bruttoinlandsprodukt, also den Gesamtwert aller in Deutschland erzeugten Güter und Dienstleistungen, sprich das gesamte Geld, das zur Verfügung steht, sieht man, dass es seit geraumer Zeit kontinuierlich steigt und auch keine Anzeichen zeigt, in nächster Zeit drastisch abzufallen. Gleichzeitig geht die Gesamtanzahl von Menschen, die in Deutschland leben kontinuierlich zurück. Wenn man sich die Finanzsituation in Deutschland also einmal aus diesem Winkel anschaut, muss man eigentlich zu dem Schluss kommen, dass mit immer mehr Geld, das Leben von immer weniger Menschen finanziert werden muss.

Aber wieso sieht die Welt aus diesem Winkel so extrem anders aus, wie sie das Establishment darstellt. Das liegt daran, dass das Establishment lediglich innerhalb der Grenzen des heutigen Sozialsystem denkt. Und in diesem bemisst sich der Anteil des BIP, der dazu aufgewendet das Sozialsystem zu finanzieren, nun einmal an den Löhnen der Arbeitnehmer. Für jeden Euro den ein sozialversicherungspflichtig Arbeitnehmer als Nettolohn erhält, müssen sowohl sein Arbeitgeber, als auch er selbst, ein paar Cent in die Sozialkassen einzahlen. So kam früher ein ausreichend großer Anteil des BIP in die Sozialkassen, weil ein großer Teil des BIP als Lohn zu den Arbeitnehmer kam. 
Heutzutage ist das jedoch anders. Dank neuer Technik, dank Automatisierung und Computersoftware, erzeugt heute ein einzelner Arbeitnehmer deutlich mehr, wie früher noch. Sein Lohn ist jedoch nicht dementsprechend gestiegen. Das heißt, dass ein deutlich kleinerer Teil von dem, was erwirtschaftet hat, landet als Lohn bei ihm selbst, ein sehr viel größerer landet bei seinem Arbeitgeber. So braucht der Arbeitgeber deutlich weniger Arbeiter und ein kleinerer Teil des BIP landet beim Arbeitnehmer und damit auch in den Sozialkassen. 

Sprich das heutige System, das darauf ausgelegt ist, das Sozialsystem größtenteils durch Umverteilung innerhalb der Klasse der Lohnabhängigen zu finanzieren, ist überholt, da in dieser sowieso weniger Geld ankommt, während viel mehr bei den Arbeitgebern, bei den Großkonzernen und deren Aktionären bleibt. Wenn man das deutsche Sozialsystem also retten will, muss man sich das Geld da holen wo es ist. 

Doch natürlich will die Aktionärsklasse, die Klasse der Milliardäre, den Löwenanteil am BIP, den sie dank des technischen Fortschritts bekommen hat, nicht kampflos aufgeben. Da reicht es auf Dauer nicht einfach wenn ein Land allein eine Maschinensteuer einführt oder die Kapitalertragssteuer erhöht. Denn wenn die Produktion in einem Land einen kleineren Ertrag abwirft, kann der Konzern sie, dank der Globalisierung einfach in ein anderes System verlegen. Wenn die Kapitalertragssteuer erhöht wird, kann Ort, an dem das Kapital liegt ganz schnell geändert werden. 

Was es wirklich braucht ist eine internationale linke Bewegung der Massen, der 99% der Menschen, die von diesem Sozialabbau betroffen sind. Diese Bewegung muss dafür sorgen, dass solche Gesetze in möglichst vielen Ländern umgesetzt werden, sodass den Konzernen die Freiheit genommen wird, vor ihrer sozialen Verantwortung in ein anderes Land zu fliehen. 


Solch eine Bewegung wäre nicht nur eine Bewegung für soziale Gerechtigkeit und Wohlstand. Sie wäre die effektivste Kämpferin für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, denn dass sich diejenigen Opfer des Sozialabbaus, die weniger gebildet sind und weniger Bewusstsein für die ökonomischen Gründe haben, gerne antidemokratischen Bewegungen anschließen, das ließ sich nicht nur in den dreißiger Jahre an Hitler, Mussolini und Konsortien beobachten, das kann man auch heute sehen. Wieso sonst sollten Trump, Bachmann und Höcke mit ihrer, „die Ausländer sind schuld“ - Rhetorik, so gut ankommen?
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Bildquelle:https://www.flickr.com/photos/titoy75/3284382121/in/photolist-61ejnX-tqh3M-dCLkf1-o6zRGA-6NSFev-47TDjz-dCLkh5-pDpzmu-73p5P4-5prxPU-nEhS2u-pVC52z-bqqGM6-8PPonW-aaNdL-4DZAyN-5ttdHz-5txAoE-7oU666-C3Sga-pmgtdi-6kDwah-9jrpqb-cSG2DS-GagsFU-iLuJ-eqY2R-4Zmu2r-egPRr9-7jtcmB-mEaq3N-7oUoA2-cstDHW-6gvqpa-aiRJrE-qeufCz-eaA1dX-4Gvvt7-9ES7Q-ewmdJj-ewi4PK-b8oJMv-6uTbeB-9KBbFw-ss4nMZ-ouzanU-2ZSZHZ-g1uzvX-mf2dSn-ewi4Pp

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